24.07.2011, 12:30
Ich bin es ja nun seit Monaten gewöhnt, dass mir nichts Gutes widerfährt. Vor etwa eine halben Jahr verlor ich meine Arbeit, vor etwa 4 Monaten meine langjährige Beziehung und damit leider auch einige vermeintliche Freunde, und nun, da es vermeintlich aufwärts ging, schlägt man mir weiter in die Schnauze.
Es ist traurig, aber man gewöhnt sich nach einiger Zeit tatsächlich daran.
Ist der Verlust der Arbeit zwar eine Gefährung der Existenz und war der Verlust der Beziehung für mich auch sehr schwer, so wird nun meine Existenz zerstört. Darum soll es nun gehen:
Im Zuge meiner Arbeitslosigkeit suchte ich umgehend nach neuen Möglichkeiten, die mich entweder wieder in Arbeit oder zumindest weiter voran bringen können. Hilfe seitens der Bundesagentur für Arbeit gab es hierbei bedauerlicherweise keine.
Da ich keine neue Stelle fand, bewarb ich mich für ein wirtschaftliches Gymnasium, welches über drei Jahre zu absolvieren ist. Ziel ist der Abschluss des allgemeinen Abiturs.
Ich erhielt im Mai verspätete die Zusage, die Schule besuchen zu dürfen, und die Tragödie nahm ihren Lauf – Ich bemerkte es nur noch nicht.
Ich beantragte Bafög, welches mir aufgrund einer Sonderregelung wider Erwarten zusteht, und meldete die Aufnahme zur Schule zum 18.08.2011 der Bundesagentur für Arbeit.
Ich dachte, verhalte ich mich gerecht, wird man sich schon um Hilfe für mich bemühen. Weiter daneben konnte ich mit dieser Erwartung nicht liegen.
Das liebe Bafög. Ja, das Bafög wird nach dem Einkommen der Eltern berechnet, nur eine Regelung, wie zu verfahren ist, wenn dem Antragsteller die Eltern schlicht unbekannt sind, gibt es nicht. Ich kam bereits mit etwa drei Jahren in eine Pflegefamilie und von dort aus um mein 10. Lebensjahr herum in ein Kinderheim. Ich kenne meine Eltern nicht und werde, obwohl dies für manch einen sogar nachvollziehbar erscheinen mag, der Lüge bezichtigt.
Nun forscht der Landkreis Lüneburg, Bafög-Amt, nach meinen Eltern. Hierfür haben sie tatsächlich sechs Monate Zeit! Selbst mein Antrag auf Vorausleistung bringt mir rein gar nichts: Auch hier gilt eine vorherige Anhörung der Eltern, auch hier gilt eine Frist von bis zu sechs Monaten.
Nun denn, dachte ich mir, kann ja nicht so schlimm sein und ging am letzten Montag, 18.07.2011 zur Bundesagentur. Diese erklärten mir, dass mein Anspruch auf Arbeitslosengeld entfalle, da ich dem Grunde nach Anspruch auf Bafög hätte. Ich solle bei dem Jobcenter vorsprechen.
Leider gilt auch hier die Regelung, wer grundsätzlich Anspruch auf Bafög habe, habe keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II (Hartz IV).
Hier bekam ich es zum ersten Mal mit der Angst um meine Existenz. Da aber die Aufnahme der Schule meine wirtschaftliche Situation verbessert – Ich kriege ja von anderer Stelle Geld – darf ich die auch nicht mehr „nicht antreten“.
Für meinen Fall gibt es keine gesetzliche Regelung. Breche ich die Schule ab, bevor ich sie überhaupt begonnen habe, erhalte ich als Dank eine Sperre von drei Monaten. Gehe ich zur Schule, bekomme ich erst Geld, wenn das Bafög-Amt es für richtig hält.
Als ich Dienstag abermals nicht erfolgreich war, sprach ich bei unserem Bürgermeister vor. Der will ja schließlich wieder gewählt werden, also soll er auch bitte Zeit für die Probleme seiner Bürger haben.
Es folgten stundenlange Telefonate mit der Grundsicherung, dem Jobcenter, der Bundesagentur für Arbeit, dem Jugendamt, der Stadt Lüneburg, dem Bafög-Amt.... Ergebnis: Null! Es existiert keine Regelung, die irgendeine Stelle zu einer Zahlung verpflichten würde. Ich würde das Bafög, wann auch immer ich es bekommen werde, rückwirkend erhalten, und das sei dem Gesetz nach Grund genug, mir keine anderen Leistungen zu zahlen.
Es herrschte allgemeine Rat- und Fassungslosigkeit. Einen solchen Fall hat es hier scheinbar noch nicht gegeben.
Nachdem ich mich nun jeden Tag der vergangenen Woche beim Jobcenter einquartiert habe, habe ich zumindest einen Teilerfolg. Der Camping-Kocher, den ich donnerstags zusammen mit einer Dose Erbseneintopf ala Aldi mitbrachte, schien Beharrlichkeit zu demonstrieren.
Zitat:“Sie haben mir jedoch einen besonderen Härtefall nachgewiesen, sodass Leistungen […] als Darlehen gewährt werden können. […] Aufgrund ihres Antrags […] bewillige ich Ihnen […] für die Zeit vom 1. August bis 31. August Leistungen […] als Darlehen.“
Immerhin für den nächsten Monat bekomme ich Geld. Es wird zwar deutlich weniger sein, als ich zuvor bekam, aber wir wollen ja nicht meckern, schließlich liegen die Probleme ja derzeit anderenorts. Nur wie ich das Geld bereits nach einem Monat in einer Summe zurück zahlen soll, sollte sie mir dann doch noch erklären.
Als ich die gute Frau dann fragte, was ich denn im September essen und wie ich die Miete zahlen solle, meinte sie schlicht, sie könne nicht mehr für mich tun, mehr gäbe das Gesetz nicht her.
Am gleichen Tag erhielt ich auch den Aufhebungsbescheid seitens der Bundesagentur für Arbeit. Nun ist es also amtlich: Ich habe ab September kein Geld.
Von Büchern im Wert von knapp 300,- wollen wir gar nicht erst sprechen. Wäre ich auch nur ein Jahr jünger, würden die sofort übernommen. Nun bin ich aber ein Jahr zu alt und bekomme nicht einmal ein Darlehen.
Zitat der Jobcenter-Mitarbeiterin:“Dann gehen sie doch Vollzeit arbeiten […]“. Wie die Frau sich das vorstellt, weiß ich beim besten Willen nicht. Wie soll ich von morgens um 8:00 bis 15:00 Uhr in der Schule sitzen und dann noch acht Stunden arbeiten gehen? Entschuldigt, aber das mache ich ein bis zwei Wochen, dann kippe ich schlafend um.
Ich erwarte nichts Gutes mehr, aber bitte hört auf mir ständig auf die Schnauze zu hauen. Meine letzte Hoffnung liegt nun beim Sozialgericht, bei dem ich einstweiligen Rechtsschutz beantragt habe.
Ich bin gespannt, ob ich Geld bekomme oder nicht, und ob ich mich dann zwischen wohnen und essen entscheiden muss...
Morgen bekomme ich erst einmal Besuch von der Landeszeitung - scheint ja nicht ganz uninteressant zu sein das Thema.
just my two little cent.
LG, Andre
Es ist traurig, aber man gewöhnt sich nach einiger Zeit tatsächlich daran.
Ist der Verlust der Arbeit zwar eine Gefährung der Existenz und war der Verlust der Beziehung für mich auch sehr schwer, so wird nun meine Existenz zerstört. Darum soll es nun gehen:
Im Zuge meiner Arbeitslosigkeit suchte ich umgehend nach neuen Möglichkeiten, die mich entweder wieder in Arbeit oder zumindest weiter voran bringen können. Hilfe seitens der Bundesagentur für Arbeit gab es hierbei bedauerlicherweise keine.
Da ich keine neue Stelle fand, bewarb ich mich für ein wirtschaftliches Gymnasium, welches über drei Jahre zu absolvieren ist. Ziel ist der Abschluss des allgemeinen Abiturs.
Ich erhielt im Mai verspätete die Zusage, die Schule besuchen zu dürfen, und die Tragödie nahm ihren Lauf – Ich bemerkte es nur noch nicht.
Ich beantragte Bafög, welches mir aufgrund einer Sonderregelung wider Erwarten zusteht, und meldete die Aufnahme zur Schule zum 18.08.2011 der Bundesagentur für Arbeit.
Ich dachte, verhalte ich mich gerecht, wird man sich schon um Hilfe für mich bemühen. Weiter daneben konnte ich mit dieser Erwartung nicht liegen.
Das liebe Bafög. Ja, das Bafög wird nach dem Einkommen der Eltern berechnet, nur eine Regelung, wie zu verfahren ist, wenn dem Antragsteller die Eltern schlicht unbekannt sind, gibt es nicht. Ich kam bereits mit etwa drei Jahren in eine Pflegefamilie und von dort aus um mein 10. Lebensjahr herum in ein Kinderheim. Ich kenne meine Eltern nicht und werde, obwohl dies für manch einen sogar nachvollziehbar erscheinen mag, der Lüge bezichtigt.
Nun forscht der Landkreis Lüneburg, Bafög-Amt, nach meinen Eltern. Hierfür haben sie tatsächlich sechs Monate Zeit! Selbst mein Antrag auf Vorausleistung bringt mir rein gar nichts: Auch hier gilt eine vorherige Anhörung der Eltern, auch hier gilt eine Frist von bis zu sechs Monaten.
Nun denn, dachte ich mir, kann ja nicht so schlimm sein und ging am letzten Montag, 18.07.2011 zur Bundesagentur. Diese erklärten mir, dass mein Anspruch auf Arbeitslosengeld entfalle, da ich dem Grunde nach Anspruch auf Bafög hätte. Ich solle bei dem Jobcenter vorsprechen.
Leider gilt auch hier die Regelung, wer grundsätzlich Anspruch auf Bafög habe, habe keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II (Hartz IV).
Hier bekam ich es zum ersten Mal mit der Angst um meine Existenz. Da aber die Aufnahme der Schule meine wirtschaftliche Situation verbessert – Ich kriege ja von anderer Stelle Geld – darf ich die auch nicht mehr „nicht antreten“.
Für meinen Fall gibt es keine gesetzliche Regelung. Breche ich die Schule ab, bevor ich sie überhaupt begonnen habe, erhalte ich als Dank eine Sperre von drei Monaten. Gehe ich zur Schule, bekomme ich erst Geld, wenn das Bafög-Amt es für richtig hält.
Als ich Dienstag abermals nicht erfolgreich war, sprach ich bei unserem Bürgermeister vor. Der will ja schließlich wieder gewählt werden, also soll er auch bitte Zeit für die Probleme seiner Bürger haben.
Es folgten stundenlange Telefonate mit der Grundsicherung, dem Jobcenter, der Bundesagentur für Arbeit, dem Jugendamt, der Stadt Lüneburg, dem Bafög-Amt.... Ergebnis: Null! Es existiert keine Regelung, die irgendeine Stelle zu einer Zahlung verpflichten würde. Ich würde das Bafög, wann auch immer ich es bekommen werde, rückwirkend erhalten, und das sei dem Gesetz nach Grund genug, mir keine anderen Leistungen zu zahlen.
Es herrschte allgemeine Rat- und Fassungslosigkeit. Einen solchen Fall hat es hier scheinbar noch nicht gegeben.
Nachdem ich mich nun jeden Tag der vergangenen Woche beim Jobcenter einquartiert habe, habe ich zumindest einen Teilerfolg. Der Camping-Kocher, den ich donnerstags zusammen mit einer Dose Erbseneintopf ala Aldi mitbrachte, schien Beharrlichkeit zu demonstrieren.
Zitat:“Sie haben mir jedoch einen besonderen Härtefall nachgewiesen, sodass Leistungen […] als Darlehen gewährt werden können. […] Aufgrund ihres Antrags […] bewillige ich Ihnen […] für die Zeit vom 1. August bis 31. August Leistungen […] als Darlehen.“
Immerhin für den nächsten Monat bekomme ich Geld. Es wird zwar deutlich weniger sein, als ich zuvor bekam, aber wir wollen ja nicht meckern, schließlich liegen die Probleme ja derzeit anderenorts. Nur wie ich das Geld bereits nach einem Monat in einer Summe zurück zahlen soll, sollte sie mir dann doch noch erklären.
Als ich die gute Frau dann fragte, was ich denn im September essen und wie ich die Miete zahlen solle, meinte sie schlicht, sie könne nicht mehr für mich tun, mehr gäbe das Gesetz nicht her.
Am gleichen Tag erhielt ich auch den Aufhebungsbescheid seitens der Bundesagentur für Arbeit. Nun ist es also amtlich: Ich habe ab September kein Geld.
Von Büchern im Wert von knapp 300,- wollen wir gar nicht erst sprechen. Wäre ich auch nur ein Jahr jünger, würden die sofort übernommen. Nun bin ich aber ein Jahr zu alt und bekomme nicht einmal ein Darlehen.
Zitat der Jobcenter-Mitarbeiterin:“Dann gehen sie doch Vollzeit arbeiten […]“. Wie die Frau sich das vorstellt, weiß ich beim besten Willen nicht. Wie soll ich von morgens um 8:00 bis 15:00 Uhr in der Schule sitzen und dann noch acht Stunden arbeiten gehen? Entschuldigt, aber das mache ich ein bis zwei Wochen, dann kippe ich schlafend um.
Ich erwarte nichts Gutes mehr, aber bitte hört auf mir ständig auf die Schnauze zu hauen. Meine letzte Hoffnung liegt nun beim Sozialgericht, bei dem ich einstweiligen Rechtsschutz beantragt habe.
Ich bin gespannt, ob ich Geld bekomme oder nicht, und ob ich mich dann zwischen wohnen und essen entscheiden muss...
Morgen bekomme ich erst einmal Besuch von der Landeszeitung - scheint ja nicht ganz uninteressant zu sein das Thema.
just my two little cent.
LG, Andre