ich wollte mit diesem Thread einfach mal eine Art Sammel- und Infothread zugleich schaffen.
Die Lyrik (und ich meine damit jetzt in erster Linie Gedichte, Balladen und Dramen und weniger Songtexte) ist häufig in der aktuellen Jugend verpönt, weil das ja alles so langweilig ist. Außerdem nervt es, da man in der Schule anstatt den Kram einfach nur zu lesen auch noch so Dinge machen muss wie Interpretationen schreiben und so weiter.
Es stimmt, die Lyrik in der Schule ist tatsächlich oft nicht sehr spannend. Wenn man sich da mal das gern genommene Gedicht "Der Panther" von Rainer Maria Rilke ansieht, dann ist oft schon klar, wo das Problem liegt und warum Lyrik nicht wirklich zum Lesestoff des 21. Jahrhunderts gehört.
Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.
Im ersten Moment scheint hier mehr oder weniger ein Tierschutzgedicht vorzulegen. Wenn man sich aber die Biografie Rilkes genauer ansieht, wird man feststellen, dass er kein Verfechter der Tierschutzbewegung war. Ich könnte jetzt drauflos interpretieren und den Thread dadurch füllen - das ist aber gar nicht meine Absicht. Ich möchte ja nicht abschrecken sondern Lust auf das Lesen von Gedichten machen.
Sidenote: Ich persönlich mag das Gedicht, obwohl es ein klassisches ist.
Wenn man nun jahrelang mit solchen Texten geplagt wird (und "der Panther" ist noch harmlos!), dann vergeht einem schon mal die Lust an Lyrik.
Ich selbst interessiere mich privat sehr für lyrische Texte und bin daher schon abgehärtet. Ich finde aber, dass jeder (ob jung oder alt) gewisse Lyrik einfach lesen sollte, weil man dabei auch sehr viel Spaß haben kann.
Damit ihr vielleicht auch Lust bekommt, habe ich hier mal ein paar Gedichte von meinem Lieblingsautor zusammengestellt, von denen ich denke, dass sie durchaus beim Lesen ein Schmunzeln wenn nicht sogar Lachen hervorzaubern könnten.
Folgende Gedichte von Robert Gernhardt
Ich sprach
Aber heller wurd' es nicht.
Ich sprach: Wasser werde Wein!
Doch das Wasser ließ das sein.
Ich sprach: Lahmer, Du kannst gehen!
Doch er blieb auf Krücken stehen.
Da ward auch dem Dümmsten klar,
daß ich nicht der Heiland war.
Folgen der Trunksucht
Trinkt er nicht, dann wächst er.
Mißt nur einen halben Meter -
weshalb, das erklär ich später.
Seht ihn an, den Schreiner.
Trinkt er, wird er kleiner.
Schaut, wie flink und frettchenhaft
er an seinem Brettchen schafft.
Seht ihn an, den Hummer.
Trinkt er, wird er dummer.
Hört, wie er durchs Nordmeer keift,
ob ihm wer die Scheren schleift.
Seht sie an, die Meise.
Trinkt sie, baut sie Scheiße.
Da! Grad rauscht ihr drittes Ei
wieder voll am Nest vorbei.
Seht ihn an, den Dichter.
Trinkt er, wird er schlichter.
Ach, schon fällt ihm gar kein Reim
auf das Reimwort "Reim" mehr eim.
Das "m" im letzten Vers ist beabsichtigt falsch, um den Witz zu verdeutlichen. Kein Fehler von mir.
Gebet
daß ich was Besond’res bin.
Und gib ruhig einmal zu,
daß ich klüger bin als du.
Preise künftig meinen Namen,
denn sonst setzt es etwas. Amen.
Ich hoffe, dass ich euch mit diesem Thread ein wenig Lust auf Lyrik machen konnte. Wenn ihr selbst ein paar Gedichte kennt, von denen ihr denkt, dass sie auch den heutigen Generationen gefallen könnten, dann schreibt sie mir bitte per PN und ich werde sie hier reineditieren. Autor und Titel nicht vergessen.
Ich würde mich über Feedback zu diesem Thread und vor allem über eure Meinung zu Lyrik und Gedichten im Speziellen freuen!